Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.
Aristoteles
Veränderungen treffen einen meist unerwartet. Vielleicht gibt es ein paar Vorboten wie bei den Anzeichen eines aufkommenden Windes auch, aber meistens kommen sie überraschend. Die Geschehnisse lassen sich nicht rückgängig machen oder ändern. Dennoch sollte man versuchen, das beste aus seiner Situation zu machen.
Wenn sich das Leben schon nicht planen lässt, warum sollte es bei einer Reise anders sein?
Mein ursprünglicher Plan für meine 4 Wochen auf Sri Lanka sah so aus:
4 Wochen Meeresschildkröten Projekt bei schönstem Sommerwetter. Dazu Yoga und Stand Up Paddling und am Wochenende das Land erkunden.
Die Realität:
Aus 4 Wochen Meeresschildkröten Projekt wurden anderthalb.
Das schöne Sommerwetter wurde durch eine riesige Regenwolke aus Indien zerstört. Die Folge waren Erdrutsche und Überflutungen. Das ist auch einer der Gründe für den Ausfall des Projektes.
Yoga findet morgens um 6 Uhr statt, da war eine Teilnahme einmal die Woche, von drei mal, schon echt gut.
Stand Up Paddling ist im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen. Ich fiel nach 2 Minuten, als einzige natürlich. Die nächsten Male sind aufgrund des Hochwassers ausgefallen.
Am Wochenende das Land erkunden war auch nicht so einfach, wie wir uns das vorgestellt hatten. Da wir aufgrund der Überschwemmungen das Grundstück nicht verlassen durften und zu geregelten Uhrzeiten im Hotel sein mussten.
Das alles wäre kein Problem gewesen und meine 4 Wochen in dem Projekt und dem Hotel wären trotzdem schön gewesen. Doch dann kam ein Erlebnis, auf welches ich gerne verzichtet hätte.
Ein Sturm zieht auf
Es war meine dritte Woche in Sri Lanka. Montag fand erstaunlicherweise das Projekt statt und wir hatten beim Beach Cleaning eine Menge zu tun. Dienstagmorgen kam dann schon die Mitteilung, dass das Projekt ausfallen wird, es hat die Nacht zu viel geregnet. Also vegetierten wir vor uns hin und warteten auf besseres Wetter.
Zur Mittagszeit rum wurden wir dann zum Reis verpacken geholt. Hintergrund: Eine Reisverteilungsaktion für Opfer der Überschwemmungen. Hierbei halfen wir alle gerne mit. Ca. eine Stunde später fuhren wir los. Es ging in ein Gebiet welches vom nahe gelegenen See überschwemmt wurde. Wir kletterten in Motorboote und haben sie mit den Reispäckchen beladen. Uns war ziemlich mulmig zumute, da es eine wackelige Angelegenheit war, aber dieses Gefühl verschwand, nachdem das Boot einmal gestartet war. Wir fuhren ca. anderthalb Stunden auf dem See umher und verteilten Essen an Menschen, die zurzeit ihr Haus nicht verlassen konnten. Sie wirkten sehr dankbar und es war schön zu sehen, dass wir ihnen eine Freude bereiten konnten. Zum Dank erhielten wir Kokosnüsse und Litschis.
Nachdem wir wieder an Land waren stiegen wir zu sechst in das Auto unseres Projektkoordinators und machten uns auf den Heimweg. Es dämmerte langsam und Regentropfen fielen beruhigend auf die Fensterscheibe. Wir fuhren eine kurvige, verlassene Straße durch den Wald entlang. Die Landschaft zog sehr schnell an unseren Fenstern vorbei. Unser Koordinator fuhr, wie gewohnt, viel zu schnell die Straße entlang. Im Hinterkopf schallten immer seine Sätze: „Ihr braucht euch nicht anschnallen!“ und „Meinen Führerschein habe ich gekauft!“
Plötzlich werde ich von einem lauten Bremsgeräusch aus meinen Gedanken gerissen. Mein Blick auf die Straße zeigte mir keine Straße, sondern eine Felswand. Aus dem Augenwinkel sah ich unseren Koordinator heftig das Lenkrad rumreißen und im nächsten Augenblick wie die Felswand auf der rechten Seite viel zu schnell auf mich zukam. Was genau in den nächsten Sekunden passierte kann ich nicht sagen, als nächstes erinnere ich mich an Gewinsel und Gestöhne, vor Schmerzen. Ich hob meinen Kopf und sah, das die Sitzreihe vor mir komplett aus den Angeln gerissen und umgeklappt war. Wir halfen uns gegenseitig aus dem Auto raus. Mein Kreislauf brach zusammen und ich setzte mich auf den Boden. Unser Koordinator rief einen seiner Angestellten an, der hinter uns fuhr. Nachdem er uns erreichte hievten wir uns in den Jeep und fuhren zum Krankenhaus. Vor Ort angekommen wurden wir untersucht, das Ergebnis: 1 gebrochener Arm, 1 ausgerenkter Kiefer, eine Muskelzerrung, 3 Gehirnerschütterungen, viele Wunden, blaue Flecken und Blutergüsse. Ich kam noch relativ glimpflich davon. Ich erlitt eine Gehirnerschütterung, einige Kratzer, viele blaue Flecken und Blutergüsse entlang meiner rechten Seite. Außerdem noch eine relativ tiefe Wunde am Bein, die eigentlich genäht werden sollte, wurde sie bis heute nicht, dafür habe ich Nahtpflaster bekommen.
Wir alle waren froh, dass uns nichts schlimmeres passierte, dennoch hatten wir alle diesen Moment vor dem Aufprall wo wir uns dachten, dass wir hier nicht lebend rauskommen. Eventuell war das in dem Moment etwas übertrieben, aber wir hatten alle Panik. Selbst eine Woche nach dem Unfall bekomme ich noch Angst, wenn der Bus eine Vollbremsung macht, aber ich denke das legt sich wieder.
Das Verhalten unseres Koordinators in dieser Situation war alles andere als gut. Er fragte nicht wie es uns geht und wollte erst nur diejenigen ins Krankenhaus fahren, die offensichtlich verletzt waren. Letztendlich wurden wir alle ins Krankenhaus gebracht und zumindest ein wenig untersucht. Eine persönliche Entschuldigung haben wir übrigens bis heute nicht von ihm gehört, abgesehen von einer wirklich lächerlichen Entschuldigung in einer Whats App Gruppe.
Wir setzen die Segel neu
Dieses Ereignis war ausschlaggebend für die darauffolgenden Geschehnisse. Die Kurzform: Wir kontaktierten Praktikawelten. Sie organisierten einen Transfer und ein Hostel für uns und wir flüchteten Freitag Nachmittag aus unserem Hotel. Hierzu muss man sagen, dass bereits einige Dinge vorher passiert sind, die unser Koordinator verursacht hat. Hierauf möchte ich aber nicht näher eingehen.
Nun sind wir in einem coolen Hostel in der Nähe von Colombo direkt am Flughafen untergebracht. Es heißt Hangover Hostels und ist wirklich außergewöhnlich. Einige der Schlafsäle sind in alten Containern untergebracht, aber es ist wirklich schön hergerichtet. Seit wir hier sind, haben wir unsere „Freiheit“ genossen und bereits ein paar Ausflüge gemacht. Am Samstag geht es dann weiter nach Thailand und ich bin gespannt inwiefern ich dort meine Segel neu setzen muss.
Ein Gedanke zu “Der Zufall schreibt das Leben”